Mein Setup

Mit der Kamera den ganzen Tag in der Stadt eine gute Zeit verbringen, die Stimmung um sich herum aufsaugen und natürlich Bilder machen. Das ist es doch eigentlich was das Hobby Streetphotography ausmacht. 
Wenn ich an einem Motiv arbeite, sind aber nicht selten 10, 20 oder mehr Bilder auf der Speicherkarte. Klar, eine spontane Szene, da sind es mit Serienbild vielleicht mal 2 oder 3 und dann ist der Moment auch schon vorbei. Aber wenn ich einen schönen Lichtspot, eine tolle UBahnstation oder ähnliches entdeckt habe, bleibe ich gerne mal eine Stunde oder länger bis ich die für mich perfekte Kombination aus Umgebung und Mensch im Kasten habe. Oder zumindest dass, was an dem Tag rauszuholen ist.
Ruck zuck zeigt der Bildzähler der Kamera dann dreistellige Zahlen an. Wenigstens zwischendurch bei einem Kaffee schon einmal die Bilder auf der Kamera sichten und den groben Unfug ausmisten, aber wirklich viel weniger wird es doch nicht.
Zu Hause und hat man die Bilderflut vor sich. Jetzt geht es mir wohl wie den meisten da draußen. Ich fotografiere gerne, bearbeite ungerne, mag mich aber auch nicht mit Bildern aus der Kamera zufrieden geben. Also was tun. Ein Plan muss her.
Um den Arbeitsaufwand zum einen möglichst gering zu halten und zum anderen die Qualität meiner Bilder zu steigern, habe ich mir einen Workflow angewöhnt, an den ich mich stringent zu halten versuche. Meist gelingt mir das sogar. Vor allem hilft er mir einen Haufen Zeit zu sparen und die Bildbearbeitung deutlich zu beschleunigen, sowie meine Bilder immer übersichtlich zu halten. Mit Fuji hatte ich zeitweise rein in jpeg fotografiert, aber da sich mein Bildstil immer mal wieder ein Stück verändert, verwende ich wieder ausschließlich RAW.
In der Vergangenheit bin ich von Lightroom zu Capture One gewechselt, welches ich auch weiterhin für deutlich besser halte. Aber leider gibt es (noch) keine App-Version und vor allem keine Cloud-Lösung, die das Arbeiten auf mehreren Geräten gleichzeitig möglich macht. Es ist sicher technisch machbar den Katalog irgendwo im Netz abzulegen und dann von mehreren PC`s gleichzeitig mit den Daten zu arbeiten, aber das ist mir deutlich zu kompliziert. Außerdem nutze meinen Mac 
auch nicht mehr als Haupt-Werkzeug. Das IPad hat dem großen 27 Zöller mittlerweile erfolgreich verdrängt. Die Arbeitsweise mit Touch-Bedienung und Apple Pencil ist für mich einfach unschlagbar komfortabel und schnell. Punkt.
Netter Nebeneffekt: Ich arbeite den ganzen Tag in der Firma am PC mit der Maus, und so muss ich abends und am Wochenende wenigstens meine Sehnen nicht weiter mit der gleichen Arbeitshaltung belasten. Außerdem Kann ich die Bilder auch direkt in groß auf dem TV anschauen, was mittlerweile dank OLED Display wirklich ein Genuss ist.
Auf Grund der App Lösung bin ich wieder zurück zu Lightroom gewechselt und da sogar nur noch zur CC Version, die einen deutlich geringeren Leistungsumfang beinhaltet und einen teilweise umständlicheren Workflow erfordert. Das nehme ich zähneknirschend in kauf und hoffe auf Updates von Adobe, um zumindest letzteres zu vereinfachen. Auch dauert der Upload gefühlt ewig. Aber da die Daten nach dem Import erst mal auf dem IPad liegen und ich schon arbeiten kann, ist es mir egal, wann die Fotos in die Cloud wandern.
Ok, zurück zum eigentlichen Workflow.
Zu Hause angekommen spiele ich den Inhalt der Speicherkarte in meinen Importordner. Im Anschluss lasse ich stumpf mein Standartpreset über alle Bilder laufen. Und da ich ja doch neugierig bin und nicht warten kann, sichte ich die Bilder in einem ersten Durchlauf meist direkt im Anschluss bei einer Tasse Kaffe. Dabei fliegen schon mal grob 80% der Bilder raus. Und mit raus meine ich, die werden gelöscht. Das schöne an der Bearbeitung mit dem Touchdisplay ist, dass ich einfach auf der rechten Seite nur nach unten wischen muss, damit ist das Bild als abgelehnt markiert. Am Schluss kann man einfach danach selektieren und alle zusammen in den Papierkorb schicken. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass mir aus einer Serie doch keine Bilder gefallen und ich in den gelöschten nachschauen möchte, ist das kein Problem. Adobe lässt die Bilder 60 Tage im Papierkorb bevor sie endgültig gelöscht werden. Aber ich glaube das habe ich bisher ein oder zweimal genutzt. Außer Ablehnen nehme ich hier noch keine Bewertung vor.
Jetzt lasse dich die Bilder aber wirklich ein paar Tage liegen, bevor ich mich wieder damit beschäftige. Ein wenig Abstand hilft mir oft einen klareren Blick zu bekommen, Die Emotionen flachen ein wenig ab und ich werde objektiver. Außerdem hilft es mir oft, meine Frau über die Bilder schauen zu lassen, die intuitiv ein wirklich gutes Gefühl für Bildgestaltung hat. Ihren Rat schätze ich an dieser Stelle sehr, auch wenn dann letztendlich noch weniger Bilder übrig bleiben. Oder auch für mich überraschend Bilder von ihr ausgesucht werden, die mich nach ein paar Tagen doch ansprechen. Insgesamt finde ich es für die Bildauswahl extrem hilfreich, wenn man jemanden hat, der "von außen" auf die Fotos schaut und sein ehrliches Feedback abgibt. Das muss auch gar kein Fotograf sein und man muss ja nicht jede Meinung annehmen, aber das Beschäftigen und Reflektieren mit der eigene Arbeit durch Anregungen von dritter Seite, schafft noch einmal ein tieferes Befassen mit dem Bildinhalt.
Dann geht es wirklich an´s Eingemachte. Im 2. Durchgang werden sicher nochmal 70% aussortiert.  Da schaue ich mir die Serien auch genau an und behalte wirklich nur die besten ein oder zwei Shoots. Der ein oder andere der jetzt mitgerechnet hat, wird zurecht sagen, da bleibt ja nichts mehr übrig. Ähm… ja… also es sind wirklich nur sehr wenige Bilder die es bei mir zur Bearbeitung schaffen. Bei 500 Bildern nach einem Fototag sind es im Schnitt wohl so 25. Manchmal etwas mehr, öfter viel weniger.
Mein Ziel ist es nicht tausende von Bildern zu horten, sondern ich möchte mich einerseits gezielt über die Auswahl weiterentwickeln und bin andererseits auch zu faul hunderte Bilder zu entwickeln, für die ich eigentlich keine Verwendung habe. Denn sein wir mal ehrlich, was machen wir denn mit den Massen an Bildern auf der Festplatte? Jeden Tag mehrere auf Instagram posten, damit die Bilder eine Verwendung haben? Zieht die Qualität insgesamt herunter, nervt irgendwann die Zuschauen und ist auch noch ein Haufen Aufwand. Darauf hoffen, dass man die Files irgendwann nochmal gebrauchen kann? Die Bilder werden über die Zeit sicher nicht von sich aus besser.
Ich ärgere mich immer noch, nicht zu Zeiten in denen ich intensiv Tierfotografie betrieben habe, schon deutlicher auszusortieren. So nach und nach hole ich das jetzt auf, macht aber keinen Spaß.
Gleichzeitig gewinnen für mich Bilder durch das strikte Aussortieren auch deutlich an Wert. In meinem Protfolioordner kann ich noch bei jedem Bild sagen wann und wo ich es gemacht habe, eben weil es für mich etwas Besonderes ist und nicht eins von eben 300 die ich an dem Tag geschossen habe.
Im Rahmen des Aussortierens wird direkt grob bearbeitet (Ausschnitt, Belichtungskorrekturen, Kontrastanpassung, ggf. wie bei Gegenlichtaufnahmen ein anderes Preset nutzen, etc.) und bewertet. 3 oder 4 Sterne. Ein paar Stichworte erleichtern hinterher das Wiederfinden oder Erstellen von Serien.
*** möchte ich behalten weil es vielleicht zwar keine TopBilder sind, aber eine Serie unterstützt, die ich im Kopf habe.
**** die schaffen es tatsächlich in meinen Portfolio Ordner
Insgesamt habe ich also nur 2 Ordner, in die alle Bilder wandern. (Auf dem Screenshoot ist noch ein temporärer Ordner zu sehen, in dem ich gerade ein Projekt zusammenstelle) Bis vor kurzen habe ich auch noch die klassische Dateiablage mit Ordnern genutzt. Aber gerade beim Thema Streetphotography, wo es spannend ist Serien zu erstellen, finde ich es schwierig, wenn man die Bilder nicht mehrmals ablegen möchte. Nachteil ist eben, dass man Stichwörter nutzen sollte. Aber dafür kann ich mir zum Beispiel mit einem Klick alle Bilder anzeigen lassen, auf denen jemand mit einem Schirm ist, oder Fotos auf denen einen Zeitung einen relevanten Bildinhalt darstellt, etc.
Ersteinmal ist mit der grundsätzlichen Bearbeitung, der Verschlagwortung und dem einsortieren ersteinmal alles getan und ich kann den Fototag gedanklich abschließen, was ich als sehr befreiend empfinde.
Bevor ich die die Bilder aber dann drucke, auf der HP veröffentliche oder auf Instagram zeige, erfolgt dann die endgültige Bearbeitung.  Im Normalfall ist hier nicht mehr viel zu tun. Ein wenig Feintuning in der Gradationskurve, Abgleich der Helligkeit oder sonst eine Kleinigkeit. Im Anschluss wird der 5. Stern vergeben und das Bild ist schlussendlich für mich fertig. Bilder welche ich auf der Homepage veröffentlicht habe, markiere ich zusätzlich noch mit dem Flaggesmbol.
Der Export für die Homepage erfolgt direkt wieder eigene Ordner in Lightroom, analog meinen Galerien. Da ich Adobe auch zum Gestalten der Website nutze kann ich hier unkompliziert die Bilder hochladen und habe sie gleich vorsortiert.
Für Instagram und co exportiere ich die jpeg entsprechend, behalte sie aber nicht. Das „Master“ ist also immer das bearbeitete RAW im aktuellen Bearbeitungsstand in der LR Bibliothek.
Das war es eigentlich auch schon. Von Zeit zu Zeit gehe ich dann immer mal wieder meinen Portfolioordner durch und lösche auch hier wieder Bilder heraus. Man entwickelt seinen Stil ja Tag für Tag weiter und so einige Fotos, die man vor einem halben Jahr noch gefeiert hat, findet man mittlerweile banal. Ich finde es sehr spannend dann zu versuchen zu analysieren, warum man das Bild damals ausgewählt hatte und was man heute vielleicht besser/anders machen würde. Auch hier, ein stetiger Prozess.

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